Puh, als Fan von Rot-Weiss Essen muss man in diesen Tagen stark sein. Es schien, dass die Mannschaft von Trainer Uwe Koschinat eine gute Vorbereitung hingelegt hat.
Zudem wurden auf dem Papier drei kluge Wintertransfers getätigt. Da aber in Aachen acht Spieler ausfielen und der Rest gezeigt hat, warum RWE auf einem Abstiegsrang steht, ist die Mini-Euphorie schon wieder dahin.
Die Fakten sind vor dem Kellerduell am kommenden Spieltag gegen Hannover II unterirdisch. Aachen schoss dreimal so oft auf das Tor. Für RWE war es das siebte Spiel in Serie ohne Dreier, zum neunten Mal schoss Essen kein Tor, auswärts war es die fünfte Pleite in Serie.
Und auch der Effekt des Trainerwechsels ist verpufft. Koschiant wartet mit RWE auf den ersten Sieg - bisher gab es unter seiner Regie drei Spiele und nur einen Punkt - alles gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte. Macht einen Schnitt von 0,33 Punkten pro Spiel, mehr als 1,5 Zähler pro Partie werden nötig sein, um die Liga zu halten.
Das wird nur klappen, wenn RWE den kostenlosen Anschauungsunterricht von Aachen verstanden hat. Vielleicht kam die Lektion des Aufsteigers noch früh genug. Denn die Alemannia hat es vorgemacht, wie es geht. Diese Intensität muss her, um in der 3. Liga zu bleiben.
Es war beeindruckend, wie die Backhaus-Elf mit einfachen Mitteln die Kulisse mitnahm. Gefühlt sind die Aachener zehn Kilometer mehr gelaufen als RWE. Es sah so aus, als wären die Aachener ein Mann mehr. Sie warfen sich in alles rein, was ging.
RWE konnte hier nicht mithalten. Die Frage ist, warum nicht? Die Befürchtung steht im Raum, dass Teile des Kaders den so anstrengenden und fordernden Abstiegskampf einfach nicht können.
Man traut dem einen oder anderen Spieler diese Intensität schlicht nicht zu - eine traurige Erkenntnis nach 20 Spieltagen. Umso mehr wird es nun darauf ankommen, dass Zugänge wie Klaus Gjasula, auf dem so viele Erwartungen abgeladen werden, fast immer zur Verfügung stehen.
Ansonsten wird sich die Stimmung schnell drehen in Essen. Der Druck wird größer, auch von den Fans, hier gab es bereits in Aachen eine gepfefferte Ansage. Man kann sich nur ausmalen, wie es aussieht, wenn RWE auch das kommende Heimspiel gegen Hannover II nicht gewinnt.
Daher gilt für Koschinat bis zu dem Anpfiff gegen Hannover: Er muss die elf Spieler finden, die auch vom Kopf her bereit sind, sich zu zerreißen, die Zeichen setzen können und die die Kulisse so mitnehmen, wie Aachen es vorgemacht hat. Wenn das gelingt, kann die Pleite im Westschlager doch noch für irgendwas gut gewesen sein.